Bornholm ist die östlichste Insel und Gemeinde Dänemarks. Die Ostseeinsel liegt etwa 150 Kilometer südöstlich von Kopenhagen und 80 Kilometer nordöstlich von Rügen. Die Südküste Schwedens ist etwa 40 Kilometer entfernt. Die Insel hat 41.303 Bewohner (01.01.12) und der böse Krölle-Bölle treibt dort sein Unwesen.
Die kleine Insel ist derart be- und verzaubernd, dass selbst Erwachsene an Trolle denken und so ist es nicht verwunderlich, dass ein kleines Mädchen glaubt, dass es dort auch sprechende Sandkörner gibt.

Briefe an Lisa, zu einer Zeit, als sie noch an Märchen glaubte.

® & © by Ingrid Waschke

Bornholm, den 23. Juni 1998

Liebe Lisa,
wie Du weißt, nehm ich mir immer etwas Bornholmer Sand mit nach Hause und weil nun unsere letzte Urlaubswoche angefangen hat, gehe ich also mit einem leeren Gurkenglas zum Strand.
Bei der hohen Düne lasse ich den feinen Sand in das Glas gleiten, will eben den Deckel zudrehen, da höre ich plötzlich eine krächzende Stimme. Ich drehe mich nach allen Seiten um zu erspähen, woher diese schreckliche Stimme kommt. Ich sehe nichts und schraube den Deckel fester auf das Glas.
Da !! Wieder diese Stimme und jetzt um einiges lauter. Ich glaube zu hören: "Du da, sei nicht so doof, guck endlich ins Glas!" Das tu ich und denke, mich laust ein Affe. Ich entdecke zwischen Billionen von feinen Sandkörnern, ein Sandkorn, das mit zwei Armen wild in der Luft herumfuchtelt.
Vor Schreck plumpse ich auf meinen Allerwertesten, kneife mir ins Bein, ob ich vielleicht träume. Aua, ich träume nicht, das kneifen tat weh. Durch mein schnelles Hinsetzen hat sich der Sand im Glas verschoben und ich sehe, wie sich das Sandkorn fluchend wieder nach oben schaufelt.
„Hol' mich hier raus, meine Artgenossen ziehen mich wie durch einen Trichter wieder nach unten" tönt es grantig: „und sei froh, ich habe noch nicht viele Menschen getroffen, die mit Sandkörnern reden können! Morgen erzähle ich Dir meine Lebensgeschichte und nun bring mich an einen sicheren Ort, aber etwas plötzlich!"
Ich befeuchte meine Fingerspitze mit ein bisschen Spucke, tippe auf das Sandkorn und nehme es vorsichtig in die Hand. In der Hütte angekommen, hole ich einen Eierbecher und lasse es hineinkullern. Es war wohl ein wenig zu schwungvoll, denn das Sandkorn droht mit seiner Faust aber immerhin meckert es nicht und das finde ich schon recht positiv.
"Ich bin sandkornmäßig müde und will jetzt schlafen, vielleicht ist danach meine Laune besser" sagt es und schon fallen ihm die Augen zu. Ich stelle den Eierbecher samt Sandkorn auf meinen Nachttisch und gehe zu Opa um ihm alles zu erzählen.

Liebe Grüße; Deine Omi

Nächster Brief.

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