Bornholm, den 30. Juni 1998

Liebe Lisa,
es gießt in Strömen. Ich bin spät aufgewacht, sogar Tiffany liegt noch zusammen gerollt in ihrem Körbchen. Egon rumort in seinem Eierbecher herum, als wollte er gründlich sauber machen.
Nun haben wir gefrühstückt, Egon sitzt neben mir und sagt: "Es ist an der Zeit, mein Bündel zu schnüren." "Das kann doch nicht Dein Ernst sein" antworte ich, aber er unterbricht mich: "Doch, doch Mädel, wir hatten eine schöne Zeit miteinander und so lange wie hier, war ich vorher an keinem Ort der Welt. Setz mich auf Deine Katze, die bringt mich dahin wohin ich möchte."
Ich muss lachen und frage: "Wie soll Tiffy denn wissen wohin Du willst?" "Oh, ihr Menschen, ihr haltet Euch für so schlau und wisst im Grunde nichts. Nicht nur Tiere können sich untereinander verständigen sondern auch die Blumen, Pflanzen, Wassertropfen und Sandkörner. Nur die Menschen sehen und hören nichts, bis auf einige wenige Ausnahmen!" Dabei zwinkert er mir mit dem linken Auge vergnügt zu.
Schweren Herzens setze ich Egon auf Tiffy, dicht eben ihr Ohr, genau wie er gesagt hat. Breit grinsend ruft Egon: "Man sieht sich, Baby!" und wirft mir einen Handkuss zu, dann trabt die Katze, wie ein gut am Zügel geführtes Pferd, an. Einmal bleibt sie an einem Fliegenpilz stehen, doch plötzlich - als ob sie 10 Jahre jünger geworden ist - galoppiert sie los. Ich höre noch ein lautes Yiiipiiieh und dann sind die Zwei hinter der hohen Düne verschwunden.
Nach einer guten Stunde kommt Tiffany aus dem Wald gestakt, sie geht wieder so alt, wie sie sich fühlt. Während sie um meine Beine schnurrt, frage ich: "Ist er weg?" Sie legt sich in ihr Körbchen und gurrt; "Ja, leider!"
Für uns wird es Zeit wieder nach Hamburg zurückzukehren, hoffentlich haben wir während der Überfahrt keinen Sturm, sonst werde ich noch seekrank.

Bis in zwei Tagen, kleine Lisa, es freut sich schon sehr auf Dich; Deine Omi

® & © by Ingrid Waschke

Wieder von vorn; Hier!